Grundsätzliches zu ethischen Grundlagen bei der Jagdausübung in Deutschland

Waidgerechtigkeit und Jagdethik

1. Jagdliche Ethik bewegt sich immer im Rahmen rechtlicher Vorgaben und führt unter Berücksichtigung der Gebote und Verbote zu einer an ethischen Werten orientierten Einzelentscheidung. Formell bedeutet dies, Entscheidungen zu treffen, die rechtlich möglich sind, Verpflichtungen zu erfüllen, die nicht immer gesetzlich normiert sind oder Tätigkeiten zu unterlassen, obwohl sie zugelassen wären.

2. Jagdethik ist abzugrenzen

  • von der Jagdkultur als überlieferte jagdliche Tradition,
  • von jagdlichem Brauchtum, das als Bestandteil der jagdlichen Kultur gepflegt wird und sich im Rahmen geänderter Praxisanwendung und wissenschaftlicher Erkenntnisse fortentwickelt und
  • von bloßen Sitten und Gebräuchen, die es zu erhalten gibt, die aber nicht die Bedeutung jagdlicher Wertvorstellungen erreichen.

3. Normiert ist die Jagdethik in der Verpflichtung des § 1 Abs.3 BJagdG, bei der Ausübung der Jagd die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten. Dies bedeutet, dass es sich im Rahmen des unbestimmten Rechtsbegriffes um Gesichtspunkte handelt, die revierübergreifend gelten, sich in Deutschland entwickelt haben, die aber durchaus auch Änderungen und Fortentwicklungen unterworfen sind. Jagdethik ist stets im Wandel, ohne dass sich der jagdliche Kern verändert. Die Entwicklung erfolgt stets parallel zum Wandel gesellschaftlicher Werte und in gegenseitiger Beeinflussung. Jagdethik schließt damit die „Waidgerechtigkeit“ mit ein, kann aber darüber hinausgehen.

4. Jagdausübung ist eingebunden in unterschiedliche Schutz- und Nutzungs-bereiche, bei denen öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Bei dieser Abwägung sind die jagdlichen Wertvorstellungen einzubringen und zu bewerten.
wirksamer Umgang mit der jägerischen Aufgabe kann nicht durch von der Bejagung ausgenommene Flächen des Lebensraumes gefährdet werden. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt lässt von Menschen gesteuerte einseitige Entwicklungen wildlebender Populationen nicht zu.

Die Jagdethik erfüllt somit die Anforderungen an ein über lange Zeiträume entwickeltes schutzwürdiges Jagdwesen, bewahrt es vor der Ausbreitung sinnentleerter Ideologien oder von der Degradierung auf bloße wertfreie Handlungen und lässt die Jagdausübung im Rahmen der jagdlichen Betätigung auf den Grundflächen dauerhaft gestalten und erhalten.

  • Der Jäger als Botschafter
  • Der Jäger als Botschafter
  • Tierschutz
  • Tod und Bildnis
  • Umgang mit und Handhabung von Waffen
  • Umgang mit der Natur
  • Jagd ist gesellschaftliche Verantwortung
  • Vom Tier zum Lebensmittel
  • Tradition

Waidgerechtigkeit
Nach § 1 Abs. 3 BJG sind bei der Ausübung der Jagd die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit zu beachten. Der Begriff der Waidgerechtigkeit kann als die Summe der rechtlich bedeutsamen, allgemein anerkannten, geschriebenen oder ungeschriebenen Regeln definiert werden, die bei der Ausübung der Jagd als Waidmännische Pflichten zu beachten sind.

Nicht unter den Begriff der Waidgerechtigkeit fällt das jagdliche Brauchtum, soweit dadurch keine ethischen Pflichtgebote verwirklicht werden.

Der Begriff “bei der Ausübung der Jagd” in § 1 Abs. 3 BJG bezieht sich nicht nur auf die eigentliche Jagdausübung, d.h. das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild im Sinne des § 1 Abs. 4 BJG. Ansonsten würden weite Bereiche mit engem Bezug zur eigentlichen Jagdausübung von der Geltung und Anwendung der Grundsätze der Waidgerechtigkeit ausgeschlossen, was mit dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 BJG nicht vereinbar wäre. Dieser liegt darin, ein jägerisches Verhalten vorzuschreiben, das sich an ethischen Maßstäben orientiert, die nach allgemein anerkannter Ansicht in der Jägerschaft bestehen. Diese ethischen Maßstäbe beziehen sich nach dem Verständnis der Jäger von der Jagd nicht nur auf die eigentliche Jagdausübung, sondern gehen darüber hinaus und sind vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 BJG gewissermaßen “hineingedacht” worden. Deshalb ist der Satzteil “bei der Ausübung der Jagd” in einem weiteren Sinn zu verstehen, d.h. die Grundsätze der Waidgerechtigkeit sind bei allen Maßnahmen zu beachten, durch die das Jagdrecht, also die Befugnis, auf einem bestimmten Gebiet Wild zu hegen, darauf die Jagd auszuüben und es sich anzueignen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BJG), verwirklicht wird. Zur Jagdausübung im weiteren Sinne nach § 1 Abs. 3 BJG gehören also auch die Schaffung von Äsungsflächen, Wildeinständen und jagdlichen Einrichtungen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Allgemein anerkannt sind alle Regeln, die im Bewusstsein der ganz überwiegenden Zahl der Jäger lebendig sind.

Die allgemein anerkannten Grundsätze der Waidgerechtigkeit haben in vielen geschriebenen Regeln ihren Niederschlag gefunden. So wird im Bundesjagdgesetz z.B. bestimmt, dass

  • die Hege die Erhaltung eines artenreichen Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel hat (‘§’ 1 Abs. 2 BJG),
  • auf Schalenwild nicht mit Schrot geschossen werden darf (‘§’ 19 Abs. 1 Nr. 1 BJG),
  • Büchsenpatronen unterhalb einer bestimmten Auftreffenergie bzw. eines bestimmten Kalibers nicht verwandt werden dürfen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b BJG),
  • auf gesundes Wild nicht mit Pistolen oder Revolvern geschossen werden darf (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d BJG),
  • Schlingen jeder Art, in denen sich Wild fangen kann, nicht aufgestellt werden dürfen (§ 19 Abs. 1 Nr. 8 BJG),
  • Wild nicht vergiftet werden darf und keine vergifteten oder betäubenden Köder verwandt werden dürfen (§ 19 Abs. 1 Nr. 15 BJG),
  • in den Setz- und Brutzeiten bis zum Selbständigwerden der Jungtiere die für die Aufzucht notwendigen Elterntiere, auch die von Wild ohne Schonzeit, grundsätzlich nicht bejagt werden dürfen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 BJG) oder
  • krankgeschossenes Wild unverzüglich zu erlegen ist, um es vor vermeidbaren Schmerzen oder Leiden zu bewahren; gleiches gilt für schwerkrankes Wild, wenn es nicht gesundgepflegt werden kann (§ 22a Abs. 1 BJG). So darf die technische Machbarkeit auch ohne ausdrückliches Verbot niemals dazu führen, dass die Jagd zum reinen Schießen auf lebende Ziele verkommt. unter dem Tierschutz- bzw. Umweltaspekt ist das Ansprechen unabdingbare Voraussetzung für die ordnungsgemäße Ausübung der Jagd.

Das Jagdwesen schreitet in der Entwicklung ebenso fort wie unsere Gesellschaft als Ganzes. Deshalb sind die allgemein anerkannten Grundsätze der Waidgerechtigkeit keineswegs starr und unveränderlich. Sie bieten vielmehr auch Raum für gewandelte Auffassungen in der Jägerschaft und tragen zur Überwindung überkommener, als falsch erkannter Verhaltensweisen und damit zur Verbindlichkeit neuer Erkenntnisse für die Ausübung der Jagd bei. Die Verpflichtung des Jägers auf die Grundsätze der Waidgerechtigkeit ist auch künftig die Voraussetzung dafür, dass die Jagd in einer sich verändernden Umwelt nach ethisch-moralisch und sittlich verbindlichen Maßstäben auszuüben ist.

Auszüge/ Zitate aus - Bonn, DJV Präsidium, 19. Juni 2000
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Mit dem Wort “Waidmännisch” war ursprünglich ebenso wie mit dem inhaltsgleich verwendeten Begriff “Waidgerechtigkeit” eine fachgerecht ausgeübte Jagd gemeint. In diesem Sinne Waidgerecht handelte also ein Jäger, der sein Handwerk verstand

Heute bezieht sich der Begriff der Waidgerechtigkeit auf drei Aspekte: Der Tierschutzaspekt betrifft die Einstellung des Jägers zum Tier als Mitgeschöpf, dem vermeidbare Schmerzen zu ersparen sind. Der Umweltaspekt fordert vom Jäger die Einbeziehung der Umwelt in ihrer Gesamtheit in sein Denken und Handeln. Der mitmenschliche Aspekt betrifft das anständige Verhalten gegenüber anderen Jägern sowie der nicht die Jagd ausübenden Bevölkerung. Nach § 1 Abs. 3 BJG sind bei der Ausübung der Jagd die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit zu beachten.

Der Begriff der Waidgerechtigkeit kann als die Summe der rechtlich bedeutsamen, allgemein anerkannten, geschriebenen oder ungeschriebenen Regeln definiert werden, die bei der Ausübung der Jagd als Waidmännische Pflichten zu beachten sind.

Diese ethischen Maßstäbe beziehen sich nach dem Verständnis der Jäger von der Jagd nicht nur auf die eigentliche Jagdausübung, sondern gehen darüber hinaus und sind vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 BJG gewissermaßen “hineingedacht” worden.